Ganz entspannt sitzt Klarinettistin Sabine Meyer auf einem weißen Designerbänkchen. Ihr Instrument locker in der Hand, den Pullover lässig über die Schulter geschlungen, scheint sie gänzlich unbeeindruckt vom Lärm, der sich in ihrem Rücken abspielen muss. Hier haben die vier Saxofonisten des Alliage Quintetts, in edles Schwarz gehüllt und etwas eng auf einen Fleck gehäuft, ihre Instrumente angesetzt. Aber halt: Wer genau hinsieht erkennt, dass die Münder noch eine Handbreit von den Mundstücken entfernt sind. Ist das Bild etwa nur gestellt? Und noch ein anderer Punkt stimmt nachdenklich: Gerade noch hat Meyer mit dem Quintett eine CD aufgenommen, jetzt wendet sie ihm den Rücken zu. Wie also soll diese "kalte Schulter" gedeutet werden: Desinteresse oder gar Verachtung?
Wer in Sabine Meyers Vergangenheit schaut, wird fündig. Schon einmal stand die Klarinettistin recht allein gegen ein ganzes Ensemble. Allerdings in ganz anderem Zusammenhang: 1982 spielte sie bei den Berliner Philharmonikern vor, sie wäre die zweite Frau im Weltklasseorchester gewesen. Herbert von Karajan persönlich setzte sich für die Musikerin ein und wollte mit seiner „Mehrheitsentscheidung" alleine die Philharmoniker von der Bank drängen. Die aber stemmten sich dagegen: Meyers Ton sei „zu hell, zu solistisch". Nur ein Jahr hielt sie es bei den Berlinern aus, dann wurde es Meyer zu bunt. War sie damals nur Spielball der großen Orchesterinstitutionen, oder ist Meyer tatsächlich einfach kein Teamplayer?
Wie kann man diese wahre Begebenheit auf das fantastische Cover münzen?
In diesem Zusammenhang fällt dem Betrachter auf, wie viel Platz der Weltstar auf dem weißen Bänkchen einnimmt, während die Pianistin des, immerhin mit dem großartigen ECHO Klassik ausgezeichneten, Quintetts, von Meyer beinahe von der Kante gestoßen wird. Dabei wedelt die Geschobene mit den Händen in der Luft herum, so als würde sie den Wohlklang der Saxofone dirigieren. Oder aber sie versucht, die bunten Schlieren zu greifen, die aus dem Rücken der Musiker kommend, dem Logo in der Ecke entgegenquellen und wohl einen dezenten Hinweis auf den CD-Titel „Fantasia" geben sollen. Die Farbtücher sind eine willkommene Abwechslung im sonst schwarz-weiße dominierten Coverbild und machen Hoffnung, dass die abgebildeten Musiker trotz augenscheinlicher persönlicher Differenzen in ihrer Musikaufnahme eine bunte Nebelfantasie heraufbeschwören können. Ob das gelingt, oder die Nichtkommunikation auf dem Cover auch in die Musik drängt? Hier kann man selbst Nachhören. Zum Glück ohne Bilder.