Von Leah Biebert, 15.06.2020

Chewie, stay home!

Künstlerinnen und Künstler haben sich in den letzten Wochen einiges einfallen lassen, um die Klassikfans im Lockdown bei Laune zu halten. Es zeichnen sich gewisse Tendenzen ab.

Platz 7: Der Alltags-Einblick

Karten spielen, grillen, zusammen ein Bier trinken: In der Corona-Pandemie nicht denkbar, Freund:innen treffen ist verboten, jede:r soll zuhause bleiben. Das Kontaktverbot trifft vor allem Paare schwer. Eine praktische und einfache Lösung ist da die Videotelefonie, mit der man sich die Liebsten ganz schnell ins eigene Wohnzimmer holen kann. Und so bleiben Pamina, Tamino und Sarastro, von der Semperoper Dresden in Quaranflöte geschickt, auch in der Trennung vereint. Nur die Romantik kommt im Quarantäne-Alltag vielleicht ein bisschen zu kurz.



Zweck: Zeit mit den Liebsten verbringen
Typischer Satz: „Wir seh’n uns wieder!“
Beliebt bei: Freund:innen, Verwandten, Liebespaaren
Passend dazu hören wir: die dritte Arie aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Zauberflöte“

Platz 6: Die Anleitung zum Händewaschen

Mindestens 20 Sekunden lang! Auch in den Zwischenräumen! Und sorgfältig abtrocknen! Was das Händewaschen angeht, so finden sich etliche Leitfäden im Internet. Und hat eigentlich schonmal jemand ausprobiert, den „Wash-your-lyrics“-Songgenerator mit Texten aus Richard Wagners Opern zu füttern? Der iranische Künstler Danial Kheirikhah wählt für seine Anleitung lieber Johannes Brahms’ Ungarischen Tanz Nr.1 und macht in humoriger Stummfilmpantomime vor, wie Händewaschen (musikalisch) richtig geht.



Zweck: Hygiene
Typischer Satz: „Richtig Händewaschen – so geht’s!“, „Schützen Sie sich und andere!“
Beliebt bei: Seifenhersteller:innen und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Passend dazu hören wir: „Happy Birthday“

Platz 5: Der Corona-Text

Schon jetzt ein Klassiker. Bereits im März hatte der Comedian Dana Jay Bein einen berühmten Queen-Song zur COVID-19-Hymne umgedichtet. Die „Coronavirus Rhapsody“ wurde seitdem von zahlreichen Musiker:innen eingesungen, darunter der Phoenix Chamber Choir und Sänger Adrian Grimes. Auch andere Corona-Neutextungen finden sich im Netz. So bringen beispielsweise die King’s Singers mit ihrer „Moonlight-Solation“ die drei prominentesten Phänomene des Jahres 2020 auf einen Nenner: Beethoven, Pandemie und Low-Budget-Musikvideos.



Zweck: Eintrichtern der wichtigsten Corona-Regeln
Typischer Satz: „Stay at home“, „Wash your hands”
Beliebt bei: Chören
Passend dazu hören wir: Musik von Queen und Ludwig van Beethoven

Platz 4: Die Neukomposition

Die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie haben auch Auswirkungen auf den Berufsalltag von Komponist:innen. Mit der „Coronavirus-Etüde“ von Jeff DePaoli entstand ein Werk am Puls der Zeit, das wegweisend ist für die Musik des 21. Jahrhunderts. Ob es nun aus reiner Zweckdienlichkeit hervorging oder seine Entstehung einem quarantänebedingten Kreativitätsschub zu verdanken ist, fest steht: Desinfektionsmittel und Schutzmaske könnten in Zukunft zum Arbeitsgerät eines jeden Musikers und einer jeden Musikerin werden.



Zweck: Infektionsschutz
Typischer Satz: „Leider sind aufgrund der aktuellen Situation keine Desinfektionsartikel mehr verfügbar“
Beliebt bei: Instrumentalist:innen
Passend dazu hören wir: das „Garbage Concerto“ von Jan Järvlepp

Platz 3: Die Haushalts-Tipps

Den Boden wischen im Rond de Jambe, im Soutenu den Müll rausbringen: Wer durch den Corona-Lockdown tanzen will, sich aber um den Haushalt kümmern muss, sollte die Videos von David Levitz gucken. Darin gibt der Journalist, der auch Balletttänzer ist, wertvolle Tipps, wie sich die täglichen Aufgaben geschmeidig erledigen lassen – indem man ganz einfach ein paar Ballettschritte einbindet.



Zweck: Ratgeber
Typischer Satz: „Heute zeige ich euch…“
Beliebt bei: Eltern im Home Office
Passend dazu hören wir: den „Tanz der Zuckerfee“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski

Platz 2: Die Trump-Satire

Die Reden Donald Trumps wurden schon in jedem erdenklichen Musikstil vertont, begleitet von Jazzrhythmen oder entspanntem Reggae, ja sogar von Nikolai Rimski-Korsakows „Hummelflug“. Trumps Vorschlag, das Coronavirus mit der Injektion von Desinfektionsmittel zu bekämpfen, gibt es jetzt auch als Rezitativ. YouTuber Jesse Leong befördert den US-amerikanischen Präsidenten auf die Bühne eines Welttheaters, das einer Opera buffa gleicht. Die dazugehörige Arie („No, no, no! Of course, of course, no, no!“) folgte kurz darauf.



Zweck: Kritik, Spott
Typischer Satz: „We have it totally under control.”
Beliebt bei: Demokrat:innen
Passend dazu hören wir: „Le nozze di Figaro” von Wolfgang Amadeus Mozart, die kantonesische Oper „Trump on Show”

Platz 1: Der Star-Wars-Fan

Corona in der Galaxie, der Todesstern im Lockdown? Trotz dunkler Bedrohung kann es einem Wookie in Quarantäne schnell langweilig werden. Der YouTuber BariThor verwandelte Chewbaccas wehleidiges Jammern in das herzzerreißende „Lamento della Wookie“. Lange Zeit später in einer weit, weit entfernten Galaxis wird Claudio Monteverdi die Wehklage zum Vorbild seines „Lamento della Ninfa“ machen.



Zweck: Ausdruck von Leid
Typischer Satz: „GROFWL RAWR ERR“
Beliebt bei: Warsies, der Rebellen-Allianz
Passend dazu hören wir: Madrigale von Claudio Monteverdi, den Star-Wars-Soundtrack von John Williams und John Powells Suite „Flying with Chewie“

© Unsplash


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