Von Malte Hemmerich, 26.01.2019

Star mit Sternchen

Leonard Bernstein und Maria Callas haben ihn. Gustavo Dudamel jetzt auch. Herbert von Karajan nicht. Die Rede ist von einem Stern auf dem berühmten Walk of Fame in Hollywood. Was sind hier die Kriterien, etwa nicht nur künstlerische?


Klassik und Fame. Klassik und Showbusiness. Das sind Gegensätze, würden nun einige Puristen aufschreien. Doch es gibt Menschen, wie den venezolanischen Dirigenten Gustavo Dudamel, die das sehr gut miteinander vereinbaren können. Heißblütig dirigierend begeistert er den 80-jährigen Helmut in der Berliner Philharmonie mit Mahlers Achter, und ebenso entflammt er die 16-jährige Miranda aus Ohio, wenn der Sunnyboy mal wieder einen Gast-Auftritt in der Schmonzette „Mozart In The Jungle" hat. Dudamel setzt sich dafür ein, dass Jugendliche aus den verarmten Gebieten in Mittelamerika in Kontakt mit Klassik kommen. Er stellt sich dafür auch durchaus mal gut mit einem zweifelhaften Regime, das er dann später wieder kritisiert. Kaum eine Fernsehübertragung aus der Walt Disney Concert Hall kommt ohne ihn aus, auf Instagram posiert er mit Rockstars.
Kurzum: Dudamel ist zumindest in punkto Medienpräsenz und -wirksamkeit der Herbert von Karajan unserer Tage.

Vor ein paar Tagen, und das ist zum Glück in unserer behäbigen Klassikwelt noch ein aktueller Newswert, enthüllte Dudamel nun seinen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Herbert von Karajan hat keinen. Warum ist das so? Ist Dudamel mehr Showman, hat er mehr Menschen erreicht, oder ist sein Wagner gar doch noch besser?



Die Kriterien sind eigentlich klar und auf der offiziellen Internetpräsenz einsehbar. Machen wir den Karajan-Test: Wer einen Stern will, muss mindestens fünf Jahre im Showbusiness gewesen sein. Check. Er muss „berufliche Errungenschaften“ vorweisen können. Check. Und zuletzt auch gemeinnützige Beiträge geleistet haben. Check (Karajan hat im Gegensatz zu Dudamel sogar eine Stiftung).

Laut der Kriterien dürfte ein Stern für Herbie nur noch Formsache sein und jemand, der ihn nominiert (notfalls seine Frau), müsste ja auch aufzutreiben sein. Hollywood wäre aber nicht Hollywood, wenn es nicht auch um Geld ginge. Und da liegt der Hund begraben. Das Ganze ist weniger eine bloße Ehre als ein Geschäft. 40.000 Dollar verlangt der Trust für einen Stern. Material- und Pflegekosten, versteht sich. So ein Himmelskörperbild im Gehweg ist eben kein Ehrengrab!

Dafür bekommt man: Publicity. Von der Halterner Zeitung bis zu Universal Music, Dudamel ist kurz in aller Munde derer, die dpa abonniert haben. Und das schafft man mit klassischer Musik nun mal leider nicht mehr so oft, ist also schon was wert. Außerdem, Ihr Neider, seien wir doch mal ehrlich: Man hat es geschafft! Das Vermächtnis. In einer Reihe mit Michael Jackson und Robert Redford. Obwohl Dudamel natürlich eher zu den Stars seiner Branche aufschauen wird, die da wären: Arturo Toscanini, Andrea Bocelli, Blanche Thebom, William Primr.. halt! William was? Eine weitere Besonderheit des seltsamen Ruhmweges. Circa die Hälfte der zwei Dutzend Klassikstars sind Namen, die uns heute wenig sagen, sie alle wurden 1960 eingesetzt, bei Gründung des Walks. Da hatte es schon gereicht, live bei einer Aufführung im Radio auf NBC zu singen, um zu dieser Ehre zu kommen.
Und auch sonst ist es tatsächlich nicht so, dass ein außerordentlicher künstlerischer Gehalt einen Stern garantiert. Viele Big Names fehlen. Ab einer Bartoli-Liga ist man sich vielleicht schon zu schade für diese lose Künstler-Ansammlung oder will warten, bis man selbst unter der Erde ist und andere dafür zahlen. Die einzigen deutschen Musiker auf dem Walk sind übrigens Marlene Dietrich und Hans Zimmer, während beispielsweise ein John Williams noch auf einen edlen Spender wartet.

© Agentur
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