Johannes Moser kann nur gewinnen. Johannes Moser kann nur verlieren. Mit den Werken, die sich der Cellist für sein neuestes CD-Programm ausgewählt hat, wird er sich zweifellos in das Herz jedes Musikverliebten spielen. Denn sowohl Edward Elgars Cellokonzert, als auch Peter Tschaikowskis Rokoko-Variationen sind leicht zu hörende, direkt wirkende Musikstücke. Genau deshalb haben sie allerdings eine riesige Diskografie vorzuweisen. Und nun will sich also Moser direkt mit den großen Legenden seines Instruments messen und deren Meilenstein-Aufnahmen etwas entgegen setzen.
Der Brite Edward Elgar schrieb sein Konzert als reifer Mann: ein lyrischer, wehmütiger Abgesang auf die vergangene Zeit. Die Uraufführung war ein kleiner Eklat. Das Orchester unter Maestro Coates hatte nicht gut geprobt, Elgars Frau Alice schimpfte in ihrem Tagebuch:
An insult to E. from that brutal, selfish, ill-mannered bounder A. Coates.
Schon in der charakteristischen Eröffnungssequenz betont Moser die dunklen Töne, spielt geerdeter als die Legende Jaqueline du Pre, die dem Konzert zu seiner Popularität verhalf und die ersten Töne mehr in der Mittellage schwingen ließ. Moser spielt zwar ein triefendes Vibrato [g*vibrato7] , dem Gestus angemessen, trotzdem schafft er durch große Beweglichkeit innerhalb des Tones, Klebrigkeit zu vermeiden.
Statt im Finale in tiefer Depressivität zu verschwimmen, wie es Mischa Maisky beispielsweise unnachahmlich hinbekommt, behält Moser hier trotz aller Schwermut einen rotzig-trotzigen Unterton. Das Orchestre de la Suisse Romande kann unter Andrew Manze die nötigen knackigen Akzente hinzugeben. Manchmal vielleicht sogar ein bisschen zu harsch. Das Konzert wird zum sympathischen Kompromiss: Moser liefert eine erfrischende, wenig altkluge Interpretation zwischen den Extremen. Und dann ist da noch eine abgründige Zerbrechlichkeit hinter jedem Ton, die der Aufnahme den eigenen Stempel aufdrückt.
Auch Tschaikowskis Rokoko-Variationen suchen wie Elgars Konzert ihr Heil in der Vergangenheit und sind gerade deshalb wohl eine Musik für unsere Zeit. Abseits aller Konflikte erklingen die Töne hier nur aus einem Grund: um dem Hörer Freude zu bereiten. Moser spielt die filigranen Variationen mit beinah barocker Zärtlichkeit, ironisch blinzelt der Schmelz immer mal wieder durch. Dass er nebenbei auch technisch alles Nötige mitbringt, zeigt der Cellist im virtuosen Finale. In den Rokoko-Variationen, die hier in Tschaikowskis ursprünglicher Originalversion erklingen, ist das Verhältnis zwischen Solist und Orchester ebenso ausgezeichnet wie die Klangqualität der gesamten Aufnahme.