Von Malte Hemmerich, 08.04.2016

Abseits der Magie

Harfenistin Valérie Milot porträtiert ihr Instrument ungewohnt interessant. Minimalistisch eingesetzt fordert die Harfe vom Hörer einen Aufbruch ins Ungewisse statt ins Land der Träume.

Zugegeben: Das erste Stück auf der Orbis-CD, der bereits siebten Platte der französischen Harfenistin Valérie Milot ist kein wirklicher Brüller. „El Dorado" heißt das 1981 von Marjan Mozetich komponierte Stück. Darin schwelgt die Harfe in kreisenden Linien über einem sanften Streicherteppich. Und trotzdem fesselt etwas am Ausdruck der Harfenistin Milot, sodass das verklärte Stück als Aufmacher ihrer Platte, in der Minimalistisches, Modernes bis hin zu progressiver Musik im Fokus stehen, funktioniert. Natürlich ist ein Werk wie Steve Reichs „Electric Counterpoint", welches hier statt mit Gitarre in Harfenversion erklingt und seine endlosen, aber immer anderen Schleifen zieht, kein Stück, das unbedingt unterhält, sondern einiges an Aufmerksamkeit abverlangt. Wer die aber aufbringt, kann sich hier ein lohnenswertes Instrumenten-Porträt abseits romantischer Glissandi erhören.

Milot mit gleichem Ensemble, aber aus völlig anderer Musikepoche:



John Cages „In a Landscape" erhält mit seinen knarzenden Nebengeräuschen und glockenhellen Anschlägen etwas Intimes, aber stets Reales. Und schließlich folgt mit den abschließenden beiden Stücken auf der Platte auch noch ein Ausflug in die progressive Rockmusik. Lustigerweise klingt dann gerade „As Old as You´re Young" der britischen Band „Gentle Giant" im Arrangement für Harfe ein bisschen wie der typisch dahinplätschernde Einluller.
Ein Fest gibt es dann zum Abschluss: In Frank Zappas „G-Spot Tornado" dürfen sich Milot und ihre Mitmusiker austoben und liefern Musikspaß zwischen rituellem Tanz und neuer Musik.



Auch wenn die Orbis-Platte sicher in keinem Player in Endlosschleife laufen wird, dazu ist sie wohl zu speziell, findet sich hier doch das ein oder andere interessante Stück für oder zumindest mit Harfe, abseits von Mainstream und ohne Romantik. Dass dazwischen immer mal wieder ein belanglos erscheinender Track steht, funktioniert in der Dramaturgie wie im alten Sinne des typischen „Albumhörens": ein Wechsel zwischen Anspannung und Zurücklehnen.


Responsive image

Steve Reich, John Cage, Frank Zappa u.a.

Orbis

Valerie Milot, Les Violons du Roy

Analekta

© Amélie Fortin


    NIUSletter

    Bleibt auf dem Laufenden und erhaltet alle drei Wochen unseren NIUSletter.