Von Christopher Warmuth, 08.04.2016

Sängerleckerbissen

Ein Luxusprojekt! Normalerweise bekommt man Liveaufführungen untergejubelt. „Armonia Atenea“ und eine exquisite Solistenriege zeigen, dass sich der Mehraufwand einer Studioproduktion lohnt.

Schwermütig, entfesselt und bis ins Mark schneidend schraubt sich das Ensemble immer höher hinauf, der quecksilbrige Klang des Cembalos peitscht dazwischen. Willkommen in der Ouvertüre von „Arminio" von Georg Friedrich Händel. Nach bittersüßen Klageseufzern wimmelt alles durcheinander, und die historische Spielweise von „Armonia Atenea” raut die Klänge auf. Fabelhaft! Die Oper „Arminio" wurde in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt, denn die Handlung beschwört das gängige Muster einer ernsten Barockoper: Die Schlacht im Teutoburger Wald bildet den Rahmen eines Familiendramas. Freilich werden die Figuren in Auftrittsarien allesamt vorgeführt, jeder muss einmal hassen, lieben, wetteifern und sonst herumemotionalisieren, damit auch wirklich alle Facetten für das damalige Publikum gezeigt wurden. Die aufgehitzte Partitur konnte Händels finanzielle Misere damals dennoch nicht abfedern, das Werk verschwand in der Versenkung.



Das griechische Ensemble, musikalische Busenfreunde von Cencic, balanciert zwischen historischer Korrektheit und energischer Spielfreude.

Gemeinsam mit allerlei Sponsoren hat Max Emanuel Cencic das Werk für das Staatstheater Karlsruhe ausgegraben, er führt obendrein Regie. Die CD-Einspielung konserviert das Know-how und die bedingungslose Leidenschaft des Sängers zum alten Repertoire. Die Besetzung ist atemberaubend: Cencic hält alles im Inneren, butterweich surrt er durch die Koloraturgirlanden, die langsamen Vokalisen sind wie aus einem satten Guss. Bei Layla Claire als Tusnelda wird die Musik zur puren Artikulation, jede Note scheint eine eigene Aussage erfüllen zu müssen. Petros Magoulas, der Tobende, knattert durch die Arien, Juan Sancho mischt den Ton eines Heldentenores bei. Das griechische Ensemble „Armonia Atenea“, musikalische Busenfreunde von Cencic, balanciert zwischen historischer Korrektheit und energischer Spielfreude. All das ist eben Luxusgut. Davon brauchen wir mehr!


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Georg Friedrich Händel

Arminio

Max Emanuel Cencic, Layla Claire, Petros Magoulas, Juan Sancho, Vince Yi, Ruxandra Donose, Xavier Sabata, Armonia Atenea, George Petrou

Decca



© Anna Hoffmann


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