Ihre Mimik oszilliert irgendwo zwischen genau der unsäglichen Langeweile, die einen bei derlei Sportevents überkommt und einem trotzig-erotischen Schmollblick, geknechtet vom Riemen des Jockeyhelms. „Marc-Antoine Charpentier – Motets pour une princesse“. Der Titel selbst lässt sich schnell erklären. Marc-Antoine Charpentier hatte Glück im Unglück: Er konnte nicht königlicher Hofkomponist in Paris werden, da diese Stelle besetzt war, doch im Dienst der Gräfin Marie de Lorraine, „seiner Prinzessin“, konnte er komponieren, wozu er Lust hatte. So entstanden unter anderem die Motetten, die auf dieser CD zu hören sind, gewidmet seiner Mäzenin – das sind die harten Fakten. Um die seltsame Konstellation von Cover und Musik zu ergründen, muss man allerdings tief in die Schatzkiste der Recherche greifen und viel Fantasie besitzen.
Das Ensemble „Marguerite Louise“ hat sich dieser Kompositionen in einer durchaus empfehlenswerten Interpretation angenommen. Zu hören ist hier wirklich viel Gutes! Leider hat sich die überwiegend aus jungen Männern bestehende Musikerfraktion irgendwie auf ein Fotomodel eingeschossen, mit dem jetzt unbedingt auch das Cover der Debüt-CD gestaltet werden musste. Ein Schelm, der dabei Böses denkt? Einfach mal die Website besuchen! Da findet man das selbe reizende Geschöpf Kaffee trinkend oder mit den zierlichen Füßen im Strandsand wühlend. Dabei ist sie gar kein Mitglied des Ensembles. Nun muss sie also als „Prinzessin“ im anachronistischen Upper-Class-Sportsdress eine wackelige Brücke zwischen barocken Motetten und moderner Adelsettikette schlagen. Dass das nicht aufgeht, ist klar. Übrigens, nur ganz am Rande erwähnt: Die Hälfte der Stücke auf dem Album stammen von Charpentiers Zeitgenossen Jaques Boyvin. Der aber findet auf der Frontseite keinerlei Erwähnung. Selbst das Pferd äußert da Missfallen und legt die Ohren ein wenig an.